Optimistisch denken und Zuversicht bewahren: Die Positive Psychologie zeigt, dass Optimismus erlernt werden kann. Doch wann sind Tipps für mehr Optimismus wirklich sinnvoll, und wann kann positives Denken ins Toxische kippen?
"Du kannst nicht negativ denken und Positives erwarten!" oder "Alles hängt von deiner Einstellung ab": Ratgeber, Coaches sowie Influencerinnen und Influencer versprechen, dass positives Denken der Schlüssel zu Zufriedenheit, Weisheit und Glück sein kann. Doch wie viel Wahrheit steckt hinter der Idee der positiven Gedanken? Können wir Zuversicht tatsächlich erlernen, oder ist es von unseren Genen bestimmt, ob wir Optimisten oder Pessimisten sind?


POSITIV DENKEN: Glück und Wohlbefinden durch Optimismus?
Die Positive Psychologie geht davon aus, dass Optimismus erlernbar ist – eine Fähigkeit, die unser Leben nachhaltig bereichern kann.
Aber warum sind manche Menschen Optimisten, während andere eher pessimistisch eingestellt sind? Studien zeigen, dass etwa 50 Prozent unserer Grundeinstellung genetisch bedingt sind. Die restlichen 50 Prozent werden von unserer Umwelt geprägt, durch Erfahrungen erlernt und können verändert werden. Der bekannte US-Psychologe Martin Seligman, Begründer der Positiven Psychologie, prägte hierfür den Begriff "Flourishing", auf Deutsch "Aufblühen". Dieses "Aufblühen" beschreibt die Idee, dass Menschen durch das Entwickeln ihrer Talente, das Fördern ihrer Stärken, das Erleben positiver Emotionen und das Pflegen zwischenmenschlicher Beziehungen ihr volles Potenzial entfalten können.
Der Schlüssel liegt in der eigenen Handlungsfähigkeit: Jeder von uns hat die Möglichkeit, sein persönliches Aufblühen aktiv zu gestalten. Zwar gibt es individuelle Unterschiede, was den Optimismus fördert, dennoch hat die Forschung – insbesondere durch Seligman und Kollegen – fünf zentrale Elemente identifiziert, die das Wohlbefinden steigern können.
Das PERMA-Schema: Ein Ansatz für mehr Wohlbefinden
Der Psychologe Martin Seligman hat das sogenannte PERMA-Schema entwickelt. Die fünf Buchstaben stehen für die englischen Begriffe: Positive Emotions (Positive Emotionen), Engagement (Engagement), Relationship (Soziale Beziehungen), Meaning (Sinn-Erleben) und Accomplishment (Leistung). Hier erfahren Sie, worum es dabei geht:
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Positive Emotionen: Laut Seligman fördert es das Wohlbefinden, wenn wir unseren Fokus im Alltag verstärkt auf positive Gefühle richten.
Positive Emotionen können sich auf die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft beziehen. So kann eine Tätigkeit, die im Moment keinen Spaß macht, später Gefühle wie Stolz hervorrufen. Auch scheinbar kleine Dinge wie das Zwitschern eines Vogels oder ein Sonnenuntergang können Freude schenken, wenn wir bewusst darauf achten. Optimismus entsteht, wenn wir uns auf zukünftige Ereignisse freuen. Die US-Psychologin Barbara Fredrickson betont, dass positives Denken nicht nur die Wahrnehmung erweitern kann, sondern auch eine Aufwärtsspirale für mehr Zufriedenheit und Resilienz bewirkt. Eine Studie der Universität Trier aus dem Jahr 2020 hat gezeigt, dass positive Emotionen das Wohlbefinden steigern und das Stresslevel sowie das Burnout-Risiko nachweislich senken können.
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Engagement: Tätigkeiten, bei denen Sie völlig aufgehen und die Zeit vergessen, sorgen für ein Gefühl der Erfüllung. Dieser Zustand wird als "Flow" bezeichnet.
Was einen Flow-Zustand auslöst, ist individuell unterschiedlich: Es kann das Spielen eines Instruments, Sporttreiben oder Basteln sein. Wichtig ist, dass die Aufgabe weder unter- noch überfordert.
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Soziale Beziehungen: Intakte zwischenmenschliche Verbindungen spielen eine zentrale Rolle für unser Wohlbefinden.
Freundschaften, Partnerschaften und familiäre Bindungen reduzieren nachweislich das Risiko für Depressionen. Glücksforschung zeigt, dass besonders enge Beziehungen zu Eltern, Kindern oder Partnern entscheidend zur Zufriedenheit beitragen.
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Sinn-Erleben: Sinn zu erfahren bedeutet, etwas zu tun, das über einen selbst hinausgeht und eine größere Bedeutung hat.
Das kann die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft sein, eine bestimmte Tätigkeit oder gelebte Werte, die Ihnen wichtig sind.
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Leistung: Erfolgserlebnisse – egal ob groß oder klein – sind ein wichtiger Faktor für unser Wohlbefinden.
Leistung beschränkt sich nicht nur auf Beruf oder Bildung. Auch das Erreichen kleinerer Ziele, wie das Aufräumen der Garage oder das Erledigen des Abwaschs, kann ein Gefühl von Zufriedenheit vermitteln. Übrigens: Sobald grundlegende Bedürfnisse wie Nahrung und Wohnen gedeckt sind, trägt Geld kaum zur Lebenszufriedenheit bei.

Definition:
Der Unterschied zwischen Positivem Denken und Positiver Psychologie
Die Begriffe "Positives Denken" und "Positive Psychologie" werden oft verwechselt, sind jedoch nicht dasselbe. Positives Denken ist lediglich ein Aspekt der Positiven Psychologie. Letztere, auch bekannt als die "Wissenschaft des gelingenden Lebens," basiert auf fundierten, empirischen Untersuchungen. Sie geht davon aus, dass wir im Laufe der Evolution ein negatives Denken entwickelt haben, um Gefahren frühzeitig zu erkennen und unser Überleben zu sichern. Die Positive Psychologie zielt darauf ab, den Fokus wieder stärker auf positive Gedanken und Emotionen zu lenken – allerdings ohne negative Gedanken und Gefühle zu verdrängen. Es geht um das Finden einer gesunden Balance zwischen positiven und negativen Gefühlen.
Positives Denken kann in stressigen Situationen, wie etwa bei Lampenfieber, hilfreich sein. In der Positiven Psychologie wird es jedoch nicht als dogmatischer Ansatz verstanden. Slogans wie "Don't worry, be happy" oder der Glaube an "positive Gedanken ans Universum senden" sind wissenschaftlich nicht belegbar und spielen daher keine zentrale Rolle.
Zitat: Positive Psychologie ist nur für gesunde Menschen geeignet
"Die Ansätze der Positiven Psychologie sind speziell auf gesunde Menschen ausgerichtet. Sie können helfen, das persönliche Wohlbefinden zu steigern und ein erfüllteres Leben zu führen. In Situationen wie Lebenskrisen, schweren Krankheiten oder Schicksalsschlägen ist es jedoch wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen."

Zuversicht stärken: Wie hilfreich sind Tipps zum positiven Denken?
Die Positive Psychologie empfiehlt gezielte Routinen und Übungen, um unser Wohlbefinden zu steigern und glücklicher zu werden. Doch die wissenschaftliche Grundlage ist nicht ganz eindeutig: Während einige Studien darauf hinweisen, dass diese Methoden die Zufriedenheit fördern, gibt es auch Kritik an der Methodik und dem Mangel an belastbaren Belegen.
Richtet euren Fokus auf positive Emotionen
Die Positive Psychologie legt nahe, dass ihr bewusst positive Emotionen in euren Alltag integrieren könnt. Dabei geht es nicht darum, ständig glücklich zu sein oder ausschließlich Vergnügen zu suchen. Laut der US-Psychologin Barbara Fredrickson, die viel über positive Emotionen geforscht hat, ist es wichtiger, kleine Momente positiven Erlebens bewusst wahrzunehmen. Das kann beispielsweise der Genuss einer Tasse Kaffee oder ein paar tiefe Atemzüge in der frischen Luft sein. Diese Momente sind individuell unterschiedlich und müssen nicht großartig oder spektakulär sein.
Fredrickson betont, dass es sich lohnt, positive Emotionen aktiv zu kultivieren, da sie langfristig psychisches Wachstum und Wohlbefinden fördern können.
Wie sinnvoll ist ein Dankbarkeitstagebuch?
Ein Dankbarkeitstagebuch kann ein effektives Werkzeug sein, um Dankbarkeit bewusst in den Alltag zu integrieren. Hierbei notiert ihr täglich, wofür ihr dankbar seid oder was euch Freude bereitet hat. Es geht dabei nicht um große Erlebnisse, sondern um die kleinen positiven Dinge, die euch in Erinnerung geblieben sind.
Der Psychologe Prof. Ottmar Braun von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) Kaiserslautern-Landau empfiehlt, auch darüber nachzudenken, welche eurer Stärken euch geholfen haben, diese positiven Momente zu erleben. Untersuchungen des US-Psychologen Robert A. Emmons legen nahe, dass ein Dankbarkeitstagebuch helfen kann, optimistischer in die Zukunft zu blicken und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Allerdings sind diese Effekte noch nicht umfassend und abschließend wissenschaftlich belegt.
Setzt euch positive Ziele für den Tag
Die Übung "positiver Tagesausblick" kann euch helfen, den Tag bewusster und positiver zu gestalten. Notiert euch morgens, welche schönen Momente ihr an diesem Tag erleben möchtet, und überlegt, was ihr selbst dafür tun könnt, um sie zu verwirklichen. Diese kleinen Vorhaben können euch helfen, euren Fokus auf Positives zu lenken.
Thementage einführen: Für jeden Tag ein Fokus
Eine weitere Idee aus der Positiven Psychologie ist es, jedem Wochentag ein bestimmtes Thema zuzuordnen. Ihr könnt zum Beispiel den Montag für Achtsamkeitsübungen reservieren, an anderen Tagen Zeit für Sport, Wellness oder Hobbys einplanen. Der Freitag könnte dazu genutzt werden, jemand anderem eine Freude zu bereiten – sei es durch eine nette Geste, einen Besuch oder eine kleine Spende. Solche Handlungen stärken eure sozialen Beziehungen und fördern Mitgefühl.
Gefühle akzeptieren und herausfinden, was euch stärkt
Negative Gefühle wie Ärger oder Wut haben ihre Berechtigung und sollten nicht verdrängt werden. Wenn solche Emotionen jedoch die Oberhand gewinnen, können sie Konflikte und Unwohlsein verursachen. Statt sie zu unterdrücken, versucht herauszufinden, was diese Gefühle auslöst, und überlegt, was ihr tun könnt, um euer Wohlbefinden zu verbessern. Akzeptanz und ein bewusster Umgang mit Emotionen sind entscheidend für langfristige Zufriedenheit.

Kann Lächeln wirklich glücklich machen?
Wusstet ihr, dass Lachen nicht nur die Stimmung hebt, sondern auch gesund ist? Es kurbelt den Stoffwechsel an und setzt Glückshormone frei. Ein weiterer Vorteil: Ein Lächeln ruft fast immer eine positive Reaktion bei anderen hervor. Doch es geht dabei nicht darum, sich etwas vorzumachen oder die Wahrheit zu beschönigen.
Der Psychologe Martin Seligman verweist in diesem Zusammenhang auf eine Studie der US-Universität Berkeley aus dem Jahr 2001. Wissenschaftler untersuchten Jahrbuchfotos von Frauen und befragten diese Jahrzehnte später zu ihrer Lebenszufriedenheit. Das Ergebnis: Frauen mit einem authentischen Lächeln, das bis in die Augen reicht, gaben an, glücklicher zu sein und häufiger in langfristigen Beziehungen gelebt zu haben. Im Gegensatz dazu wirkten die Lächeln, die als künstlich wahrgenommen wurden, weniger aussagekräftig in Bezug auf das Lebensglück.
Optimistisch, aber realistisch in die Zukunft blicken:
Um ein Ziel zu erreichen, ist es wichtig, optimistisch nach vorn zu schauen. Doch allein Optimismus genügt nicht. Wie eine Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2018 zeigt, ist es ebenso wichtig, mögliche Hindernisse im Blick zu haben. So könnt ihr euch besser vorbereiten und flexibel auf Herausforderungen reagieren.
Mehr Zuversicht durch Achtsamkeitsübungen?
Achtsamkeitsübungen können euch helfen, optimistischer in die Zukunft zu blicken. Das bestätigten auch Wissenschaftler der Universität Pittsburgh im Jahr 2018. Wenn ihr oft grübelt oder euch durch Multitasking gestresst fühlt, können Meditation und Atemübungen eine hilfreiche Unterstützung sein. Auch Spaziergänge in der Natur, insbesondere die Methode "Pleasant Walking", können Stress abbauen. Beobachtet dabei bewusst, was ihr seht, hört, fühlt und riecht.
Beachtet jedoch: Achtsamkeit ist nicht für jeden uneingeschränkt geeignet. Eine Untersuchung der Universität Colorado aus dem Jahr 2021 zeigte, dass Achtsamkeitsübungen bei ohnehin introvertierten Menschen gelegentlich egoistische Tendenzen verstärken können. Wenn ihr an einer psychischen Erkrankung leidet, besprecht bitte vorher mit eurem Arzt oder Psychologen, ob Achtsamkeitsübungen für euch geeignet sind.
Eure Sinne bewusst wahrnehmen:
Ein Ansatz der Positiven Psychologie ist es, das Leben mit allen Sinnen zu genießen. Nehmt euch Zeit, um Essen und Trinken bewusst wahrzunehmen, und gönnt euch Pausen für Kunst, Musik oder Literatur, die euch Freude machen. Auch Liebe, Verliebtsein und Sexualität tragen zu mehr Wohlbefinden und Vitalität bei.
Den Blickwinkel verändern:
Schwierige Situationen lassen sich oft leichter bewältigen, wenn wir unseren Blickwinkel ändern. Die Lernforscherin Michaela Brohm-Badry empfiehlt, sich zu fragen: "Hat diese Herausforderung auch etwas Positives?" oder "Was kann ich in Zukunft anders machen?"
Hilfe und Unterstützung in Krisenzeiten:
Es gibt Momente, in denen man schwere Herausforderungen wie Krankheiten oder Schicksalsschläge nicht ändern kann. Doch ihr könnt lernen, euren Umgang damit zu verändern. Scheut euch nicht, frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen – sei es durch Psychotherapeuten oder Beratungsstellen. Sie können euch dabei unterstützen, neue Wege zu finden.
Übungen für positives Denken: Mehr Optimismus für euer Leben
Zitat: Positive Psychologie zeigt: Jeder Mensch kann die Welt ein bisschen besser machen
"Die Positive Psychologie spielt eine zentrale Rolle, insbesondere im Bildungsbereich. Sie beruht auf der Überzeugung, dass jeder Mensch – unabhängig von seinen äußeren Umständen – das Potenzial hat, einen Unterschied zu machen und aktiv sein Leben zu gestalten. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür sind Schulprojekte in sozial herausfordernden Umfeldern. Auch wenn die Ausgangsbedingungen der Schüler:innen oft unterschiedlich sind, liegt der Fokus darauf, sie darin zu bestärken, Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen und ihre Möglichkeiten bestmöglich zu nutzen."




Toxische Positivität: Wann wird positives Denken zum Problem?
Positives Denken hat viele Vorteile – doch es kann auch negative Folgen haben. Studien zeigen, dass die ständige Selbstpräsentation auf Social Media bei Jugendlichen häufig Druck und negative Gefühle auslöst.
- Positivität zieht Menschen magisch an – wir verbinden sie mit Erfolg, Schönheit und Anerkennung. Doch die Kehrseite wird oft übersehen: Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass die Inszenierung des eigenen Lebens auf Social Media insbesondere bei Jugendlichen Stress erzeugt und das Selbstwertgefühl beeinträchtigen kann.
- Micki McElya, Geschichtsprofessorin an der Universität Connecticut, kritisiert, dass die Positive Psychologie wichtige gesellschaftliche Aspekte wie Geschlechterungerechtigkeit, Rassismus, Diskriminierung und LGBTQ+-Rechte oft zu wenig berücksichtigt. Zudem wird angemerkt, dass die Forschung von Martin Seligman teilweise von religiösen Organisationen finanziert wurde.
- Ein zentraler Kritikpunkt an der Positiven Psychologie ist die starke Fokussierung auf individuelle Verantwortung für das eigene Wohlbefinden. Soziale und gesellschaftliche Ursachen geraten dabei in den Hintergrund. Laut Politikwissenschaftler Georg Steinmeyer sei das Konzept anfällig für ideologische und politische Instrumentalisierung. Auch die Betonung des Leistungsprinzips steht in der Kritik: Statt ganzheitlichem Wohlbefinden rückt die Optimierung von Produktivität und Arbeitskraft in den Vordergrund. Themen wie Stress, Erschöpfung durch hohe Arbeitsbelastung oder Mental Load – oft bedingt durch Geschlechterungerechtigkeit – werden vernachlässigt. Lernforscherin Michaela Brohm-Badry von der Universität Trier setzt sich daher für eine Neuinterpretation des Begriffs „Leistung“ im PERMA-Schema ein. Sie sieht darin die Gefahr, dass der Wettbewerbsaspekt zu stark betont wird, was Burn-out und Depressionen begünstigen kann. Neuere Ansätze plädieren dafür, den Aspekt „Wohlbefinden durch Zeit“ stärker einzubeziehen.
- Auch der Bereich „Vitalität“, also Bewegung und Körperbewusstsein, wird zunehmend in das PERMA-Schema integriert, um einen ganzheitlicheren Ansatz zu fördern.
- Es ist unbestritten, dass eine optimistische Einstellung viele Vorteile hat: Studien zeigen, dass Optimisten länger und gesünder leben. Dennoch hat die Positive Psychologie ihre Grenzen. Sie kann niemals die Behandlung körperlicher oder psychischer Erkrankungen ersetzen. Der sogenannte „optimistische Fehlschluss“ beschreibt die gefährliche Annahme, dass man selbst von gesundheitlichen Risiken weniger betroffen sei als andere. Prävention, Vorsorge und eine ausgewogene Ernährung bleiben essenziell, um gesund zu bleiben.
- Kritiker betonen zudem, dass nicht nur positive Emotionen zu persönlichem Wachstum führen. Auch schwierige Erfahrungen wie Frustration und Stress können die Resilienz stärken und wichtige Lernprozesse auslösen.
- Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass viele Influencer*innen auf Social Media keine Experten sind, sondern Laien, die vermeintliche Lebensweisheiten teilen. Oft werden wissenschaftliche Ansätze der Positiven Psychologie mit unwissenschaftlichen Glaubenskonzepten vermischt, was für Verwirrung und Fehlinformation sorgen kann.
POSITIV DENKEN: Woher stammt das Konzept der Positiven Psychologie?
Die Positive Psychologie versteht sich als Ergänzung zur klinischen Psychologie. Ihr Ziel ist es, gesunden Menschen zu mehr Wohlbefinden zu verhelfen.
Das Konzept der Positiven Psychologie wurde vom US-amerikanischen Psychologen Martin Seligman entwickelt. Seine Forschung basiert unter anderem auf Experimenten aus den 1960er-Jahren, bei denen er das Verhalten von Hunden untersuchte. Zwei Gruppen von Hunden wurden dabei Stromstößen ausgesetzt: Die erste Gruppe hatte die Möglichkeit, sich den Stromstößen eigenständig zu entziehen, während die zweite Gruppe dieser Option beraubt war. Als beide Gruppen später erneut Stromstößen ausgesetzt wurden – diesmal mit der Möglichkeit, sich zu befreien – zeigten sich deutliche Unterschiede: Die Hunde der ersten Gruppe ergriffen aktiv Maßnahmen, um sich zu retten. Die zweite Gruppe hingegen, geprägt durch ihre vorherige Hilflosigkeit, ergab sich passiv ihrem Schicksal.
Seligman zog die Schlussfolgerung, dass Konditionierung eine entscheidende Rolle spielt: Tiere – und ebenso Menschen – lernen entweder, ihre Situation zu verändern oder sie passiv zu ertragen. Er prägte für dieses Verhalten den Begriff "erlernte Hilflosigkeit". Nach weiteren Untersuchungen stellte er fest, dass die Erfahrung von Hilflosigkeit bei Menschen zu einem Gefühl von Kontrollverlust führt, das schließlich in Resignation mündet.
Michaela Brohm-Badry, Lernforscherin mit Schwerpunkt auf Motivation und Positive Psychologie an der Universität Trier, erläutert: "Das Konzept der erlernten Hilflosigkeit rückt die Frage nach Freiheit und Autonomie in den Fokus. Es betrifft auch die Dominanz durch Eltern, Partner, Vorgesetzte oder andere Autoritäten. Wenn wir einer dominanten Führungsperson unterstehen oder in einer Partnerschaft Dominanz erfahren, können wir unser volles Potenzial nicht entfalten. Motivation ist das Kind der Freiheit – je mehr Spielraum wir für eigene Entscheidungen haben, desto höher sind unsere Motivation und unser Wohlbefinden."
Martin Seligman stellte seine Idee der Positiven Psychologie erstmals 1998 bei der American Psychological Association (APA) vor. Dabei kritisierte er den damals vorherrschenden Fokus der klinischen Psychologie, der fast ausschließlich auf die Diagnose und Behandlung psychischer Erkrankungen beschränkt war. Mit der Positiven Psychologie wollte er eine neue Perspektive schaffen, die sich auf die Förderung von Stärken, Ressourcen und einem erfüllten Leben konzentriert.


Zitat: Positive Psychologie bedeutet nicht, ständig positiv zu denken
"Die Positive Psychologie hat nichts damit zu tun, ständig positiv denken zu müssen. Im Laufe der Evolution haben wir gelernt, uns vor allem auf das Negative zu konzentrieren – eine Schutzfunktion, um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen. Diese natürliche Tendenz wird als 'negativity bias', also als negative Verzerrung in der Wahrnehmung, bezeichnet. Ziel der Positiven Psychologie ist es, den Blick bewusst auch auf die positiven Aspekte des Lebens zu lenken und eine gesunde Balance zwischen negativen und positiven Emotionen zu schaffen und aufrechtzuerhalten.
Wichtig ist dabei zu betonen: Positive Psychologie hat nichts mit Esoterik zu tun. Während in der Esoterik der Glaube an etwas im Mittelpunkt steht, basiert die Positive Psychologie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie ist die Wissenschaft davon, was Menschen, Organisationen und Gemeinschaften unterstützt, ihr volles Potenzial zu entfalten und zu gedeihen. Kurz gesagt, es geht um ein gelungenes Leben, fundiert auf wissenschaftlicher Forschung."
Verfasser: Thomas Bachmann von Lebenswege

Bild: Thomas Bachmann
Quellen:
- Mehr über Positive Psychologie und positives Denken
- Kommentar zur Positiven Psychologie: "Just Wear Your Smile": Boston Review (26.09.2022, abgerufen am 09.10.2023)
- Herausforderungen an die Positive Psychologie (frontiersin.org, 2022)
- Das Konzept des "Flow-Erlebens" nach Mihalyi Csikszentmihalyi (Universität Dresden)
- Studien über Dankbarkeit (Health Harvard, USA, 2021)
- Studie: Achtsamkeitsübungen und positive Emotionen (Universität Pittsburgh, USA, 2018)
- Studie: Achtsamkeitsübungen und Egoismus (Universität Colorado, USA, 2021)
- Studie: Positive Emotionen können Stress und das Risiko für Burn-out mindern (Universität Trier, 2020)
- "Positive Psychologie in Unterricht und Schule": Universität Graz, 2020
- Studie: Was treibt uns an (Universität Hamburg, 2018)
- Tipps für positives Denken (Ruhr Universität Bochum, 2018)
- Studie über naiven Optimismus (ScienceDirect, 2018)
- Grundlagen zur Positiven Psychologie (Universität Trier, 2017)
- Link zum kostenlosen Tagebuch der guten Gewohnheiten (https://akademie.careergames.de/)
- Studie: Wie sich positive Emotionen auf Glück im Leben auswirken (American Psychological Association, USA, 2001)
- Studie: Die Rolle von positiven Emotionen in der Positiven Psychologie (National Library of Medicine, USA, 2001)
- "Was stimmt Sie optimistisch?": Tagesgespräch, ARD alpha, 08.01.2025, 12.05 Uhr
- "Können wir uns gesund denken?": alpha-doku, ARD alpha, 26.10.2024, 17.00 Uhr
- "Optimismus - Eine Anleitung zum Glücklichsein": Planet Wissen, ARD alpha, 29.07.2024, 14.00 Uhr
- "Keep smiling! Der Tag der Zuversicht": Der Tag, hr, 06.05.2024
- "Im Flow": aktiv und gesund, BR, 28.02.2024, 14.10 Uhr
- "Pessimismus und Hoffnung: Die Macht des negativen Denkens": radioWissen, Bayern 2, 14.02.2024, 03.05 Uhr
- "Positives Denken: Ein einfacher Weg zu mehr Zufriedenheit?": Abendschau, BR, 16.11.2023, 18.00 Uhr
- "Unhappy: Die Zeit Deines Lebens": arte, 13.10.2023, 23.50 Uhr
- "Wird schon! Die Kraft der Zuversicht": Wie wir ticken, BR, 20.09.2023
- "Motivation - Der Schlüssel zu Glück und Erfolg": Planet Wissen, SWR, 20.09.2023
- "Die Welt in rosarot?: Die Macht des positiven Denkens": Abendschau, BR, 20.06.2023, 18.00 Uhr
- "Flourishing - Wie mein Leben aufblüht": hr2 Lebenswert, 18.05.2023
- "Positive Gedanken: Wie mächtig sind sie wirklich?": Psyche ABC, WDR, 04.05.2023
- "Sind wir zu pessimistisch?": 42 - Die Antwort auf fast alles, Arte, 14.03.2023, 18.15 U
- "Trost und Zuversicht": radioWissen, Bayern 2, 08.02.2023, 15.05 Uhr
- "Internationaler Danke-Tag: Warum uns "Danke sagen" glücklich macht": BR Schlager, 11.01.2023, 10.05 Uhr
- "Glücklich sein - Wie Positive Psychologie helfen kann": Achtsam, Deutschlandfunk Nova, 29.12.2022.
- "Wie Optimismus und Pessimismus unser Leben beeinflussen": Morgenecho - Interview, WDR 5, 27.12.2022
- "Soziale Medien verändern Blick auf den Körper: Alle glatt, strahlend, perfekt": Deutschlandfunk Kultur, 22.09.2022
- "Positiv denken: Nichts einfacher als das": BR Schlager, BR, 21.09.2022, 10.05 Uhr
- "Zuversicht: Wie ist das bei Ihnen?": Tagesgespräch, ARD alpha, 20.09.2022
- "Glücklichsein um jeden Preis": Arte, 30.08.2022
- "Wie entwickeln Sie Zuversicht in eigene Stärken?": Notizbuch, Bayern 2,18.07.2022, 10.05 Uhr
- "Positive Psychologie - Glücksmethoden im Selbsttest": Psychologeek, funk, 06.10.2021
- "Die Glücksexpertin": Landesschau Rheinland-Pfalz, SWR, 31.05.2019, 18.15 Uhr
- "Willensfreiheit und Optimismus": radioWissen, Bayern 2, 29.12.2016, 09.05 Uhr