Einsamkeit ist in Österreich ein zunehmendes Problem, wie wir immer wieder in unserer Familienarbeit beobachten.
Besonders unter Jugendlichen breiten sich Gefühle von innerer Isolation immer mehr aus.
Trotzdem bleibt Einsamkeit ein tabuisiertes Thema – obwohl sie längst ein gesellschaftliches Massenphänomen ist. Die Politik versucht gegenzusteuern, doch das gestaltet sich schwierig.
Statistiken zeigen, dass Millionen Menschen in Österreich unter Einsamkeit leiden. Patientenschützer bezeichnen sie sogar als „eine der größten Volkskrankheiten“, auch wenn genaue Zahlen schwer zu erfassen sind. Das vom Ministerium geförderte Kompetenznetzwerk Einsamkeit schätzt, dass deutlich mehr als zehn Prozent der Bevölkerung von chronischer Einsamkeit betroffen sind.


Jüngere Menschen sind laut aktueller Studien besonders stark von Einsamkeit betroffen. In den mittleren Lebensjahren nimmt das Gefühl häufig ab, steigt jedoch im höheren Alter wieder deutlich an.
Einsamkeit betrifft viele
„Einsamkeit scheint in unserer Gesellschaft weiter verbreitet zu sein, als bisher angenommen.“ Oft bleibt das Gefühl unbemerkt und wird erst nach und nach als belastender Faktor erkannt. Häufig schämen sich Betroffene, über ihre Einsamkeit zu sprechen, da das Thema nach wie vor ein Tabu ist. „Es ist daher entscheidend, die Sprachlosigkeit rund um dieses Thema zu überwinden.“
Also die Gefühle der inneren Isolation nicht ständig zu verbergen, die nämlich im Dauerzustand dem Menschen an Körper und Geist schaden.
Einsamkeit – nicht zu verwechseln mit Alleinsein – kann zu Stress, Anspannungen oder Schlafstörungen führen, zu Leere, Verzweiflung oder Traurigkeit. „Depressionen, Angst- und Essstörungen, Suizidgedanken – all das kann durch ein Gefühl der Einsamkeit ausgelöst werden“, sagt Linda Maurer zu, die an der Uni Klagenfurt zu dem Thema forscht. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt, wie die Wissenschaftlerin auf malteser.de erklärt: „Studien zeigen, dass Einsamkeit beispielsweise so schädlich ist, wie 15 Zigaretten täglich zu rauchen oder übergewichtig zu sein.“


Die Auslöser für diese oft schwer greifbaren und belastenden Gefühle können vielfältig sein. Sie reichen vom Übergang aus dem Elternhaus ins Studium oder vom Studium ins Berufsleben, über Trennungserfahrungen bis hin zu schweren Erkrankungen. Auch persönliche Faktoren, wie eine introvertierte Persönlichkeit oder ein verändertes Kommunikationsverhalten, spielen eine Rolle. „Wir treffen uns seltener persönlich, führen weniger Gespräche und kommunizieren zunehmend per Textnachrichten. All das kann Einsamkeit begünstigen.“
Ministerium fokussiert sich auf Einsamkeit bei jungen Menschen
Das Sozialministerium weist darauf hin, dass vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen, Hochaltrige, Alleinerziehende, Personen mit Armutserfahrungen, Migrationshintergrund oder Fluchterfahrungen sowie Kinder und Jugendliche besonders gefährdet sind. „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Bundesregierung die mentale Gesundheit und die Einsamkeit junger Menschen in den Fokus rückt und plant, die Unterstützung durch eine stärkere Zusammenarbeit von Jugendhilfe, Bildungseinrichtungen und dem Gesundheitssystem auszubauen“


Projekte für Familien, Kinder und Menschen in Not
Die Politik hat die Bedeutung dieses Themas erkannt und mit der „Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit“ konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt, um Einsamkeit und deren gesundheitliche Folgen zu bekämpfen. Das Sozialministerium setzt hier an und unterstützt eine Vielzahl von Projekten für Familien, Kinder, Jugendliche und armutsgefährdete Menschen, zu denen auch die Organisation Lebenswege zählt. „Einsamkeit kann Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen treffen“, daher ist es entscheidend, vielfältige Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen, das Thema in allen Bereichen zu thematisieren und sich aktiv für eine sorgende Gemeinschaft einzusetzen.
Einsamkeit fördert Extremismus
Empirische Studien zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen Einsamkeit und demokratiefeindlichen Einstellungen. Einsame Menschen sind oft weniger motiviert, an Wahlen teilzunehmen, und tendieren stärker zu autoritären Haltungen sowie einem ausgeprägten Gefühl sozialer Bedrohung. „Einsamkeit darf nicht als rein persönliches Problem abgetan werden. Es erfordert gesamtgesellschaftliches Handeln.“

Verfasser: Thomas Bachmann von Lebenswege

Bild: Thomas Bachmann