
Der Vagusnerv (Nervus vagus) entspringt im Hirnstamm und verläuft vom Brustbereich bis hinunter in den Bauchraum.
Dauerhafter Stress beeinträchtigt sowohl die psychische Gesundheit als auch das Herz. Eine gezielte Aktivierung und Entspannung des Vagusnervs kann das Risiko schwerwiegender Erkrankungen deutlich reduzieren. Erfahren Sie, welche Werte entscheidend sind und welche Maßnahmen nachweislich wirksam helfen.


Stress, Angst und Depressionen belasten nicht nur unsere Psyche, sondern auch unser Herz. „Zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen deutlich, wie eng der Zusammenhang zwischen Stress, Depressionen und Angsterkrankungen und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist“, erklärt Prof. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, liegt in der Aktivierung des Vagusnervs. „Dieser Nerv übermittelt Signale vom Gehirn zum Herzen“, erläutert Privatdozentin Cora Stefanie Weber in der aktuellen Ausgabe der Herzstiftungs-Zeitschrift „Herz heute“. Als Teil des parasympathischen Nervensystems, oft auch „Entspannungsnerv“ genannt, wirkt der Vagusnerv beruhigend auf Puls und Blutdruck. Durch eine gezielte Stärkung des Vagusnervs kann somit das Herz effektiv geschützt werden.
Viele Menschen stehen im Alltag unter chronischem Stress. Ihr sympathisches Nervensystem, das den Körper in Gefahrensituationen in Alarmbereitschaft versetzt, ist dabei dauerhaft überaktiv.
So erkennen Sie eine Gefährdung
Ein wichtiger Indikator zur Erkennung von Gefährdungen ist die Herzratenvariabilität (HRV), also die Schwankung der Abstände zwischen den Herzschlägen, erklärt Weber. Wird der Sympathikus durch körperliche oder emotionale Belastung aktiviert, steigen Herzfrequenz, Blutdruck und Atemfrequenz an. Sportler und jüngere, herzgesunde Menschen weisen in der Regel eine hohe HRV auf. Bei ihnen setzt nach der Belastung der Vagusnerv seine entspannende Wirkung ein, wodurch Puls und Blutdruck schnell wieder sinken.


Doch diese Regulation funktioniere nicht bei jedem Menschen gleich gut. Menschen mit Angst- und Panikstörungen etwa haben der Herzstiftung zufolge ein signifikant erhöhtes Infarktrisiko. „Man nimmt an, dass es ihrem Gehirn nicht mehr gelingt, Angstreaktionen ausreichend zu unterdrücken, ihr Vagusnerv ist gehemmt und sie geraten so in chronischen Stress.“
Menschen mit einem aktiven Vagusnerv und hoher HRV dagegen haben laut Weber eine bessere Konzentration, Emotionskontrolle und ein besseres emotionales Wohlbefinden. Befunde deuteten darauf hin, „dass ein besseres Bewusstsein für die eigenen Gefühle mit einer stabileren Herzaktion einhergeht – und damit einen Schutzfaktor darstellen kann.“
Was den Vagusnerv stärkt
Psychotherapeutische Maßnahmen können das Risiko für einen Herzinfarkt senken – oder einem erneuten Infarkt vorbeugen, so die Herzstiftung. Empfohlen werden herzkranken Menschen laut Herzstiftung unter anderem:
- Gesunde Ernährung und Normalgewicht
- Geringer Alkoholkonsum, Verzicht auf Nikotin
- Ausreichender Schlaf
- Entspannungsverfahren (z. B. tiefe Bauchatmung)
- Ausdauersport
- Besseres Stress-Management
Außerdem hilfreich seien:
- Stressbewältigungskonzepte und Aufarbeitungsgespräche
- Kunst- und Musische Beschäftigung als Selbstverwirklichung


Wie wirkt die Stimulation des Vagusnervs?
Klienten berichten häufig von deutlichen Verbesserungen – sei es durch gezielte Selbstmassagen am Hals, spezielle Atemübungen oder professionelle Massagebehandlungen.
Allerdings hängt die Wirkung der Vagusnervstimulation stark vom individuellen Gesundheitszustand und der jeweiligen Situation ab. Pauschal zu behaupten, dass diese Form der Stimulation immer Entspannung fördert, wäre daher nicht korrekt.
Gezielte Atemtechniken wie tiefes Atmen oder progressive Muskelentspannung haben nachweislich eine beruhigende Wirkung. Wird dies mit einer Vagusnervstimulation kombiniert, berichten Klienten von einer besonders intensiven Wirkung – erste Hinweise darauf bestätigen dies.
Auch Techniken wie die Boxatmung, bei der man vier Zählzeiten einatmet, vier Zählzeiten die Luft anhält, vier Zählzeiten ausatmet und vier Zählzeiten pausiert, oder eine bewusst verlängerte Ausatmung können die Entspannung fördern. Viele traumatisierte Klienten haben durch diese Methoden bereits positive Erfahrungen gemacht.
Ob mechanische Stimulation, wie etwa Summen oder Gurgeln, tatsächlich eine entspannende Wirkung hat, indem der Vagusnerv durch Vibrationen im Halsbereich stimuliert wird, ist bislang nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Dennoch spricht nichts dagegen, solche Übungen im Selbstversuch einfach einmal auszuprobieren. Schließlich reagiert jeder Mensch unterschiedlich darauf. Zu testen, was das persönliche Wohlbefinden steigert, kann daher durchaus sinnvoll sein – unabhängig davon, ob der Vagusnerv direkt beteiligt ist oder nicht.


Verfasser des Artikels:
Thomas Bachmann von Lebenswege